Ob es doch noch einige Jahre mehr sind, wird vermutet. Im Dorf erzählt man es. Doch den Junggesellen fehlen dafür die Beweise. Sicher ist aber, dass es nicht weniger als 100 Jahre sind. „Eine Urkunde aus dem Jahre 1919 belegt das“, erzählte Philipp Lüer. Seit zwei Jahren ist er der vorderste Mann der Jungen Gesellschaft Destedt (JGD). Mit 28 Jahren zählt er mit zu den jüngsten Präsidenten dieser Gruppe.

Anzeichen für ein noch längeres Bestehen gibt es allemal. „Wir haben Protokollbücher aus der Zeit. In dem Protokoll von 1920 steht geschrieben, dass am 1. April 1919 eine Neugründung stattfand“, erklärte Lüer. Und genau dieses kleine Büchlein gehört zum Band zwei. „Es muss also definitiv noch einen Band eins geben.“ Wo das sein könnte, wusste er nicht. Der Präsident vermutet, dass es so eine Art Vorgängerorganisation im Ort gegeben haben muss, die schon damals Freude am Karneval hatte. Ein Schriftstück von vor über einem Jahrhundert in den Händen zu haben, war auch für ihn ein tolles Gefühl. Mit Füller und Tinte dokumentiert es damalige Aktivitäten. Schwer lesbar sind die Zeilen aufgrund der altdeutschen Schrift. Doch das entscheidende ist deutlich. Seinerzeit hieß die Vereinigung „Geselligkeits-Klub-Gemütlichkeit-Destedt“ und sollte die Unterhaltung fördern.

Das Motto „Einigkeit macht stark“ war schon damals bedeutend. Selbst am 30. April 1947 verhängte die Kreisverwaltung Braunschweig eine Strafzahlung von 21 Reichsmark, weil eine Musikkapelle zu viel Gage von der JGD verlangte. Das belegt ein Schriftstück, das Lüer gut aufbewahrt. Bislang gebe es fünf Bücher. „In dem besagten zweiten Band sind die Jahre 1919 bis 1928 beschrieben“, sagte Lüer. Danach gab es eine Unterbrechung der Festivitäten. Es sei anzunehmen, dass die Fastnacht und auch die Gruppe durch die Nationalsozialisten verboten wurde. Erst 1954 ging‘s dann richtig weiter. Das steht auf weiteren Seiten. Auch attestieren es die traditionellen Gruppenfotos vor dem Landgasthof Krökel, die auch heute noch gerne von den Junggesellen mit den Ehrendamen geknipst werden. Die Mützen, Orden und bunten Schleifen, die an einer Tabakpfeife geknotet sind, machen sie einmalig. Den „Kreuer“, wie er auch genannt wird, gibt es seit über 180 Jahren. Lieder erinnern an die Kneipe, die vor einigen Jahren geschlossen wurde. Doch jährlich öffnen sich am zweiten Wochenende des Februars die Türen. „Dann wird der Saal mit Clowns, Luftballontrauben und Girlanden zum Leben erweckt.“ Eine einzigartige Fete steht 2019 wieder an, von der auch die Braunschweiger schwärmen.

Zusammen mit den Vorstandskollegen Kevin Klante (Kassierer), Tobias Boy (Materialwart), Hendrik Langner (Besenträger) und Niklas Schwesig (Schriftführer) blickt der Präsident auf den Neujahrstag. Traditionell treffen sich die Junggesellen um 14 Uhr auf dem Saal, um das neue Jahr zu begrüßen und um die Fastnacht spielerisch zu beschließen, die im Grunde eh beschlossene Sache ist. Kevin Lippelt heißt der Pöbelführer, der dem Nachwuchs die Regularien beibringt. „Im Prinzip reichen Apfelkorn und Hopfenschorlen, um alle zu erzeugen“, scherzte Lüer. Auf seiner Liste stehen 25 Männer. Drei neue Füchse könnten es werden. „Die Tendenz ist steigend. Es wäre schön, wenn wir mal wieder über 30 sind – so wie früher.“ Mitmachen darf bei der Gruppe längst nicht jeder. Und schon gar keine Frauen. Das Alter muss laut Satzung zwischen 18 und 33 liegen. Ehelos und kinderlos muss man sein. „Der Lebensmittelpunkt muss hier im Ort sein.“ In 100 Jahren hat sich auch daran nichts geändert.

Für das Jubiläum hat die Junge Gesellschaft ein „Traditions-T-Shirt“ entworfen. „Da sind viele Bilder der Fastnachtsgruppen drauf. Das älteste ist von 1923.“ Bei den Veranstaltungen könne man es kaufen. Da auch der Schoduvel-Termin mit den eigenen Partys passt, freuen sich die Destedter darüber, mal wieder in Braunschweig mitzufahren. Für den Sommer kündigte der Präsident indes schon eine Sause mit den Wagenbauern an. „Dann wollen wir es erneut so richtig krachen lassen.“