Am 13. Dezember 1919 beschloss der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei, mit Sitz in Berlin, die Einrichtung eines Ausschusses für »Arbeiterwohlfahrt«. Die Frauensekretärin der Partei und Reichstagsabgeordnete Marie Juchacz (1879-1956) wurde mit der Umsetzung des Beschlusses beauftragt. Noch im Dezember versandte sie ein Rundschreiben an die Parteigliederungen, in dem sie zur Gründung von Wohlfahrtsausschüssen aufrief. 1924 folgte man auch in Wolfenbüttel dem Aufruf und gründete eine Ortsgruppe. Ein erhaltener Tätigkeitsbericht liefert sogar Auskunft über das genaue Gründungsdatum: 1. Oktober.

Die Arbeiterwohlfahrt Wolfenbüttel kann also in diesem Jahr auf das 95. Jahr ihrer Gründung blicken, der Bundesverband sogar auf sein 100. Gründungsjubiläum. Beide Ereignisse hat der AWO-Ortsvereinsvorstand zum Anlass genommen, sich mit der Ortsvereinsgeschichte zu befassen sowie mit Infoständen, einer Ausstellung, einem Rathausvortrag und schluss-
endlich einem Benefizkonzert ein umfangreiches, ehrgeiziges Geburtstags-Jubiläumsprogramm zu organisieren. Zur Ortsvereinsgeschichte wurde vor drei Jahren eine Arbeitsgruppe eingerichtet. Nach umfangreichen Recherchen kann man nun eine mit Zeit- und Bilddokumenten angereicherte Broschüre präsentieren, die die Geschichte des Ortsvereins historisch fundiert beleuchtet.

Man musste aber auch die Erfahrung machen, dass dem „Forscherwillen“ Grenzen gesetzt sind. So fand man wohl die Namen der ersten Vorstandsmitglieder, es ist aber nicht gelungen, zu allen noch biografische Daten hinzuzufügen. „Es waren halt einfache Leute, die in der Gesellschaft keine exponierten Positionen einnahmen“, so der Leiter der Arbeitsgruppe Rudolf Fricke. Zudem war das Ortsvereinsarchiv in den 1980er Jahren von einem Wassereinbruch betroffen, dem nahezu alle eingelagerten Archivalien zum Opfer fielen. »95 Jahre Arbeiterwohlfahrt Ortsverein Wolfenbüttel« lautet der Titel der Broschüre. Sie ist in der vom Institut für regionale Gewerkschaftsgeschichte Braunschweig herausgegebenen Schriftenreihe »Spurensuche – regional« als Nr. 14 erschienen. Auf 78 Seiten (A4 Format) erhält der Leser einen kurzen Abriss zur Entstehungsgeschichte der Organisation Arbeiterwohlfahrt; mit Zeitdokumenten belegt sind dann die Gründung der Arbeiterwohlfahrt Wolfenbüttel und die Aktivitäten der Ortsgruppe bis 1933 beschrieben. Es folgt die Reorganisation der AWO als parteipolitisch unabhängiger Verein nach 1945 und ein Streifzug durch die sich im Laufe der folgenden Jahrzehnte wandelnden Herausforderungen in der Ortsvereinsarbeit. Exemplarisch ist die Resozialisierungsarbeit dargestellt, die Ortsvereinsmitglieder von 1975 bis 2015 in Kooperation mit der hiesigen JVA leisteten. Die enge Verzahnung zwischen Ortsvereinsaktivitäten und Angeboten des Kreis- und Bezirksverbandes schließlich wird beispielhaft an der Familienberatungsstelle dargestellt.

Die Broschüre ist gegen eine Spende von 10 Euro erhältlich. Sie wird auf allen Ortsvereinsveranstaltungen angeboten. Bezugsmöglichkeiten können aber auch direkt bei Rudolf Fricke, Telefon 05331/32839 oder per Mail awo-wf.geschichte@t-online.de erfragt werden. Die Geschichte des AWO-Ortsvereins und des Bundesverbandes wird dann auch noch einmal in zwei Veranstaltungen thematisiert. Zum einen in einer Ausstellung, zum anderen in einem Rathausvortrag. Die Ausstellung wird in der Zeit vom 16. bis 31. August im oberen Foyer des Schlosses präsentiert. Bürgermeister Thomas Pink, der sich auch für die Bereitstellung der Räumlichkeit eingesetzt hat, wird zur Ausstellungseröffnung die Begrüßungsansprache halten. Der angesprochene Vortrag wird am Dienstag, 10. September, ab 19 Uhr im Ratssaal des Wolfenbütteler Rathauses stattfinden. Als Referent konnte der ehemalige Landtagsvizepräsident und Mitglied der Historischen Kommission der Arbeiterwohlfahrt, Klaus-Peter Bachmann, gewonnen werden. Co-Referent wird der Regionalhistoriker Rudolf Fricke sein.

Das Highlight seines Veranstaltungsjahres sieht der Vorstand des Wolfenbütteler AWO-Ortsvereins in einem Benefizkonzert des Bundespolizeiorchesters. Dieses wird am 1. Oktober, also genau am „Geburtstag“ des Ortsvereins, ab 19 Uhr in der Trinitatiskirche abgehalten. Die Tatsache, dass der Präsident des AWO-Bundesverbandes, Wilhelm Schmidt, die Schirmherrschaft übernommen hat, wertet der Ortsvereinsvorsitzende Hans-Joachim Kröger als besondere Anerkennung der Bemühungen seines Organisationsteams, zumal man damit auch das 100. AWO-Jubiläum in den Fokus stellt. Um sich mehr als gewohnt in der Öffentlichkeit zu präsentieren, um Interessierten einen Einblick in die Arbeit der AWO zu geben, sind Informationsstände in der Fußgängerzone (Bereich vor dem Bankhaus Seeliger) geplant: jeweils samstags Vormittag 1. Juni, 6. Juli, 17. August und 7. September.

Auch das übliche Veranstaltungsprogramm des Ortsvereins steht in diesem Jahr ganz im Zeichen  des 95. „Geburtstages“: 2. Juni Spargelessen, 3. Oktober Brunch zum Tag der Deutschen Einheit, 17. November Braunkohlessen und 7. Dezember Jahresabschluss. Wer Interesse hat, an diesen Veranstaltungen teilzunehmen, darf sich gern an den Ortsvereinsvorsitzenden Hans-Joachim Kröger wenden: Telefon 05331/32602, E-Mail hajokroeger@gmx.de.