Was im Alpenraum zu einer uralten Tradition zählt, wurde am Sonnabend abgewandelt zu einer verrückten Sause. Wenn die Almwiesen abgegrast, die Kühe satt sind und der Herbst seinen frischen Wind durch die Alpen ziehen lässt, ja dann freuen sich Mensch und Tier im September das Tal zu erreichen, um zu überwintern. Und in Schulenrode? Da wird die Kuhherde mit einem Trecker zum Lindenberg gefahren.

Rund 20 verkleidete Bewohner verließen unter Lachanfällen und Applaus einen Pferdeanhänger, marschierten um den Höhenzug herum und erklommen ihn schließlich. Um die Hüfte trugen die Akteure einen Luftballon, der Kuheutern glich. Thomas Leiche führte wohl als männliches Rind die Herde an. Dabei hörte man das charakteristische Schellen- und Glockengeläut, welches von Jubelrufen überdeckt wurde. Es war eine urwitzige Aktion. Ortsbürgermeister Helmut Wolk: „Wer hat schon solch einen Berg“, rief er den gut 300 Zuschauern zu. Der ganze Ort war auf den Beinen. Die Organisatoren bekamen Lob von allen Seiten. Damit sich die freilaufende Herde nicht im Ort verirrte, wurde sie gleich ins Partyzelt eskortiert. Die letzten echten Kühe seien laut Wolk vor 40 Jahren gegangen.

Gute zwei Meter erhebt sich der Lindenberg, eine Sitzgelegenheit lädt zum Verweilen ein. Vor zwei Jahren pflanzten die Schulenröder eine neue Linde auf ihm, holten den Baum zu Fuß aus Cremlingen ab, um das Dorfwappen aus drei Linden wieder zu vervollständigen. Es ist ein besonderer Ort, der im Dezember auch zum Glühweinfest genutzt wird.

Nach der Ankunft der Kuhherde im Festzelt sangen die „Teichtröten“. „Resi i hol di mit‘n Traktor ab“ und „Die Kuh Caracha“ (La cucaracha) wurden perfekt performt. Die Zugabe wurde mit „Schuld war nur der Lindenberger“ (Bossa Nova) gegeben. „Auf die Prämierung der schönsten Kuh verzichten wir, wir prämieren gleich die ganze Herde“, flachste Wolk. Übersetzt bedeutete das so etwas wie: Treffen an der Tränke zur Bierrunde. Und schon sprudelte das kühle Blonde in die Gläser.

Hartmut Koch hatte beim Rapsblütenfest die Idee des Festes. Horst Klatte, Florian Leiche, Iris und Axel Schultz, Wolfgang Jöckel, Andre Heise, Matthias Thiede, Günther Brandes, Herbert Fuhrmann und der Ortschef planten weiter. „Ich habe schon die nächste Idee“, sagte Koch. Verraten wollte er sie allerdings nicht. Zwei Eigenschaften müssen auf jeden Fall auf die Schulenröder zutreffen. Sie sind erfinderisch und können richtig abfeiern – Stichwort „Löschteich in Flammen“. Schließlich ist es der Zusammenhalt, der das kleinste Dorf der Gemeinde mit knapp 300 Einwohnern auszeichnet.

Der ganze Tag glich einem echten Familienfest. Alle Generationen waren gekommen, um Spaß unter Freunden zu haben. Den sollten sie bekommen, denn bevor die Herde kam, gab‘s noch Spiele mit der Jugendfeuerwehr. Kaffee und Kuchen sowie eine Andacht standen zu Beginn an. Die gute Stimmung zog sich wie ein roter Faden durch die Nacht. Einige kamen in Dirndl und Lederhosen. Sie erzählten miteinander, schlemmten, lachten – teils über Tische und Bänke hinweg. Tanzfreudige drehten auf dem Rasen zur Partymusik Kreise. Am Smoker von Harm Meiners gab‘s Leberkäse im Brötchen und eine lange Schlange. Kinder wärmten sich später an einer Feuerschale, backten Stockbrot, kokelten. Der bodenständige Charakter der Veranstaltung kam gut an.

Eine Aufgabe lösten die Besucher noch während der Nacht. Und das war der „Lindenberger“, ein hochprozentiger Longdrink, den Wolk zusammenmixte. Auf Zetteln konnte man ankreuzen, welche Zutaten drin waren. Wodka, Gin, weißer Rum, Tequila, Pepsi Cola, Crasheis und eine Limette gehören zum neuen Kultgetränk des Ortes. Ralf Kristkeitz, Petra Fuhrmann, Christian Sell sowie Ernst Hohrenk jr. hatten den richtigen Riecher und sicherten sich den Königstitel. Es war eine legendäre Sause.