Was Zusammenhalt bedeutet und wie man sich den Herausforderungen gemeinsam stellen kann, wurde am Freitag wieder einmal deutlich. Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT) kam zum traditionellen Jahresempfang zusammen. Die Gästezahl war abermals rekordverdächtig. Es war ein klares Bekenntnis. Die Wirtschaftsvertreter kamen in der Mehrwerk gGmbH (ehemalige Fertigungshalle der KUBA-Möbelwerke) zusammen.

“Weit über 220 Frauen und Männer gehören der Wolfenbütteler Vereinigung an. Knapp 60 sponserten den Abend”, sagte Holger Bormann, nachdem alle  über den roten Teppich gegangen waren. Der Vorsitzende verdeutlichte bei seiner Begrüßung, dass sich alle Unternehmen auf Dynamik einstellen müssten. Zu dem Zeitpunkt hatte er sich bereits für Marscherleichterung entschieden: Krawatte ab und Turnschuhe an. “Wir müssen uns immer wieder auf Situationen einstellen und neu erfinden”, sagte er und hieß IHK-Präsident Helmut Streiff und Bürgermeister Thomas Pink willkommen. Die Auftragsbücher seien voll, Arbeitgeber und Arbeitnehmer glücklich. “Es war für uns alle ein gutes Jahr.” Damit das so bleibt, wünschte er sich, dass viel miteinander geredet werde und Kontakte geknüpft würden.

Mit Blick auf 2018 kritisierte Bormann die Datenschutzgrundverordnung. “Die Politik muss hier nachbessern”, forderte er. Die Mittelständler beschäftigte auch das Diesel-Thema. “Unsere Kunden sind verärgert. Das kostet auch Existenzen.” Er befürchtete den wirtschaftlichen Abschwung.

Eine schöne Runde drehte Bormann dann durch die Tischreihen und fragte den einen oder anderen, was für ihn das Schönste im Jahr 2018 war. Claas Schmedtje (BZV Medienhaus): “Unsere Medien haben sich weiterhin gut etabliert und Radio38 wird gerne gehört.” Mark Uhde (Volksbank BraWo) habe eine neue Liebe gefunden. Ingolf Senking (Radiologiezentrum Nordharz) erfreute sich kürzlich an vielen Fotos. Jens Düe (PKF Fasselt Schlage) machte in Lissabon einen Segelturn. Frerk Hennicke (Reitling am Elm): “Der Jahrhundertsommer hat der Gastronomie gut getan, zudem wurde unsere Tochter eingeschult.” Lutz Kleber erfreute sich am städtischen Ausbau.

IHK-Präsident Helmut Streiff ging auf die Geschichte der Möbelstücke ein, die einst in der KUBA-Halle hergestellt wurden. “Es ist eine historisch tolle Kulisse”, sagte er und dankte Hans-Henning Müller, dem Geschäftsführer der Mehrwerk gGmbH, einem Tochterunternehmen der Evangelischen Stiftung Neuerkerode. Die Einrichtung hatte es am Dienstag beim IHK-Neujahrsempfang problemlos geschafft, die Bewirtung für über 1.000 Gäste zu übernehmen. Lob gab’s auch für die MIT. “Ihr seid mit Herz bei der Sache. Holger Bormann ist der geborene Entertainer”, betonte er. Für ihn passe in Wolfenbüttel vieles, deshalb ermunterte Streiff: “Legt weiter die Finger in die Wunde, das kommt in Hannover an.” Auch kritisch äußerte er sich. Besonders die EU-Datenschutzverordnung bekam Fett ab. Sein Beispiel an Irrsinn: Austausch der Klingelschilder in Österreich. Auch beim Solidaritätszuschlag wurde er deutlich. “Lasst uns an der Unternehmersteuerreform arbeiten.” Zuversichtlich war er dennoch: “Die Region ist stark aufgestellt, weil wir den Mittelstand haben.” Schließlich schloss der IHK-Chef mit seinem schönsten Erlebnis im vorigen Jahr: “Ich wurde zum zweiten Mal Opa.”

Pfarrer Rüdiger Becker,  Vorstandsvorsitzender und Direktor aus Neuerkerode, hatte schon im ersten Satz recht: “Alleine ist man gar nichts. Nur im Team schafft man viel.” Er freute sich über das tolle Miteinander. Das Zusammenspiel der Unternehmer und die Mehrwerk gGmbH als Gemeinnützige hob er hervor. Beides greife ineinander und tue der Region gut. Neben den reinen wirtschaftlichen Gedanken wie Wertschöpfung und Handel werde nicht vergessen, für Menschen da zu sein. “Das ist wichtig für die Gesellschaft”, erklärte Becker und beschrieb das Zusammenspiel als ökonomische Kompetenz und Barmherzigkeit. “Das macht unsere Gesellschaft stark. In der Region sind wir darin erste Sahne”, schob er freudig nach. Becker dankte der IHK für verlässliche Dialoge.

Für ihn sei das A und O, dass Menschen eine Aufgabe haben, stolz sind und das Gefühl haben, dass man sie braucht. Die Mehrwerk gGmbH setze sich genau dafür ein. Abschließend erklärte er, dass man mit Geld zwar wirtschaftlich sparsam umgehen müsse, die Menschen jedoch nie aus den Augen verlieren dürfe, die darauf angewiesen seien. „Wenn uns das gelingt, bin ich beruhigt“, schloss er.

Den Gastvortrag hielt Christopher Ratsch über den Wandel und die Digitalisierung am Beispiel der Mast Jägermeister SE. Er untermauerte mit Werbefilmen aus den 50ern und 70ern. „Der digitale Wandel steht für Prozessoptimierung“, sagte er. Mittlerweile seien die wertvollsten Unternehmen der Welt Plattformen mit einem digitalen Geschäftsmodell. So würden in den USA Wachstumsraten in zweistelliger Zahl erreicht. „Das liegt daran, dass auf die Nutzer reagiert wird“, so Ratsch, CEO Finanzen, Produktion und Verwaltung bei Jägermeister. Seit 85 Jahren setze das Unternehmen auf die 56 ausgewählten Kräuter beim wohl bekanntesten Likör der Welt. „Unser Ziel ist es, dass wir immer wieder jüngere Zielgruppen ansprechen.“ Schließlich würden sich bis zum Alter von 24 Jahren die Geschmacksnerven festigen. „Wir wollen unseren Erfolg noch weiter ausbauen“, erklärte er und blickte zu Florian Rehm. Das Leben im Internet nehme zu. „Always on“, „Influenzer auf Instagram“ und „Gefällt mir-Button“ seien angesagt. Darauf stelle sich das Unternehmen ein und sei deshalb in den sozialen Medien stark unterwegs. Mit einer kleinen Geschmacksprobe wurde der Vortrag, wie zu erwarten war, beendet.

Landtagsvizepräsident Frank Oesterhelweg sattelte nahtlos auf. „Regionale Produkte sind wichtig. Man muss sie sooft wie nur möglich konsumieren.“ Sein Stichwort war „Maß halten“ und er zitierte dabei den einstigen Bundeskanzler Ludwig Erhard. „Maß und Mitte“ müssen gefunden und im Auge behalten werden. Eben eine soziale Marktwirtschaft, die auch der Gesellschaft diene. „Ich bin für die Digitalisierung. Aber man darf auch nicht die Menschen vergessen“, verdeutlichte der CDU-Politiker. Wer Angst vor dem digitalen Wandel habe, dem müssten sie genommen werden. Die Mittelständler bekämen dabei eine besondere Verantwortung zugeteilt. „Man kann keine Anstöße geben, wenn man nicht auch selber einmal aneckt“, sagte er. Schließlich schloss er mit seinen bekannten „klaren Worten“ und wünschte, lediglich ein Problem zu haben: „Mit Reichtum fertig zu werden, ist auch ein Problem“, zitierte er abermals Ludwig Erhard.