Kann man Verlassensein und Ängste im Sterben verhindern? Mit einem entschiedenen „Ja“ verstärken jetzt sieben neue Hospizbegleiterinnen die Arbeit des Hospizvereins Wolfenbüttel. Ihre Themen sind Kranksein und Sterben, Trauer und Tod – ihr Ziel: den schwerkranken Menschen und ihren Zugehörigen mehr Lebensqualität zu geben. Nach Abschluss eines weiteren Vorbereitungskurses wird der ambulante Hospizdienst in Wolfenbüttel sein Angebot ausweiten können. „Der Bedarf ist gewachsen. Es ist schön, dass wir der Nachfrage nun noch besser gerecht werden können“, freut sich Eva Reuleke, eine der hauptamtlichen Koordinatorinnen. „Unsere Ehrenamtlichen begleiten die schwerstkranken Menschen da, wo sie leben: meistens zu Hause oder in einer Senioreneinrichtung, manchmal auch im Krankenhaus oder im stationären Hospiz – und das oft über Wochen oder gar Monate.“

Begleiten heißt zuallererst: da sein, nahe sein, aufmerksam sein. Es geht darum herauszufinden, was dem kranken Menschen gut tun könnte, wodurch die Zugehörigen entlastet werden können. Jeder Mensch ist einzigartig, im Leben wie im Sterben. Die einen ziehen zum Ende gern Bilanz und berichten manchmal sehr ausführlich. Andere möchten noch Angelegenheiten regeln und nehmen dabei Unterstützung gerne in Anspruch. Wieder anderen kann man mit dem Vorlesen von Texten, dem Singen oder Spielen von Liedern eine Freude machen. Manchmal bringen kleine Spaziergänge oder eine Fahrt mit dem Rollstuhl eine wohltuende Abwechslung. Häufig ist es wichtig, einfach nur da zu sein, die Hand zu halten, zuzuhören, miteinander zu schweigen. Was sind das für Menschen, die sich auf dieses Ehrenamt einlassen? In diesem Kurs haben alle bereits Erfahrungen mit sterbenden Menschen gemacht – im persönlichen oder beruflichen Umfeld. Beispielsweise Juliane Bauer: „Als unsere Eltern zum Sterben kamen, war ich sehr unsicher. Damals hätte ich gern jemanden in der Nähe gehabt, der mir sagt, ob man etwas gegen Probleme beim Atmen tun kann, ob es wichtig ist, wenigstens viel zu trinken zu geben, wenn sie schon lange nicht mehr essen wollen. … Jetzt möchte ich für andere Menschen hilfreich sein.“ Sabine Bockmann erklärt: „In meiner Zeit in der beruflichen Pflege habe ich erfahren, dass man Einsamkeit und Hilflosigkeit während des Sterbeprozesses vermeiden kann. Daher weiß ich, dass ich mit meiner Anwesenheit etwas bewirken kann.“

Durch den Kurs fühlen sich die neuen Hospizbegleiterinnen gut vorbereitet. Immer wieder mussten sie sich mit ihrer eigenen Haltung zu Leben, Sterben und Tod auseinander setzen. In vielen Übungen konnten sie ihre Wahrnehmungsfähigkeit testen und stärken: Wie erkenne ich Wünsche und Bedürfnisse bei den kranken Menschen – vielleicht auch dann, wenn sie sich nicht mehr sprachlich ausdrücken können? Wie reagiere ich auf Fragen nach Sterben und Tod? Was sage ich, wenn…? Erste Erfahrungen in der hospizlichen Begleitung konnten alle Teilnehmerinnen in Praktika sammeln: im häuslichen Umfeld, in einer Senioreneinrichtung, auf der Palliativstation des Klinikums, in einem stationären Hospiz. Tanja Ehlers sagt: „Ich habe erfahren, was es heißt, Menschen zu jeder Zeit und in jeder Situation wertzuschätzen. Vor allem haben mir meine Begegnungen mit Schwerkranken gezeigt, dass auch Zurückhaltung wichtig ist, … dass ich einfach nur Mensch sein darf und alleine dadurch hilfreich sein kann.“

Am vergangenen Wochenende erhielten die „Neuen“ in einer Feierstunde ihre Zertifikate. Bald schon werden sie zu ihrer ersten Begleitung unterwegs sein – ein bisschen aufgeregt vielleicht, aber gut vorbereitet. „Ich weiß, dass die Tätigkeit im ambulanten Hospizdienst für die Gesellschaft sehr wichtig ist. Anfangs war ich skeptisch, ob ich das leisten kann, doch während des Kurses habe ich eine große Zuversicht gewonnen“, resümiert Marianne Berkefeld. Der nächste Vorbereitungskurs beginnt im September 2020. Interessentinnen und sehr gern auch Interessenten (!) können sich bereits jetzt melden: Telefon 05331/9004146. Informationen über die Arbeit des Hospizvereins: www.hospizverein-wf.de.