Er ist ein richtiger Kämpfer. Aufgeben? Kopfhängen lassen? In Selbstmitglied verfallen? Der Moment war bei Frerk Hennicke da. Doch schnell packte ihn sein Ehrgeiz. Der Inhaber der Gaststätte Reitling im Elm erzählte, wie er mit seinem Traditionshaus die Krise stemmt. Hoffnung und Solidarität waren Wörter, die der Wirt des Ausflugsortes sehr häufig nutzte. „Gerade in dieser schweren Zeit für Gastronomie und Hotellerie ist der Austausch von Infos sehr wichtig“, schilderte er im Biergarten vor prächtiger Waldkulisse. Seit Mitte März seien die Einnahmen gen Null. „Trotz der Schließungen von Betrieben bleiben viele Firmen auf den laufenden Kosten sitzen. Personalkosten, die Pacht oder auch die Krankenkassenbeiträge der Mitarbeiter“, sagte Hennicke mit Blick auf Corona.
Am 20. März postete der Unternehmer auf Facebook ein Video unter Tränen und erklärte darin seine Existenzängste. 1.645-mal wurde der Beitrag geteilt, fast 1.200-mal wurde mit Emojis reagiert, über 200 hinterließen Kommentare. Eine Welle der Solidarität löste er aus, wie die Zahlen zeigten. „Ich habe damit nicht gerechnet“, gab der 44-Jährige zu. „Es waren mutmachende, aufmunternde Sätze.“ Sie gaben ihm, seiner Familie und den 16 Mitarbeitern Kraft und den nötigen Antrieb, nach Lösungen zu suchen, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, wenngleich die Situation aussichtslos schien. Allein für die Angestellten würden Lohnkosten von fast 40.000 Euro pro Monat anstehen. Entlassen will er keinen. Sein Team bezeichnete Hennicke als großartig. „Ich habe allen im März und April das Gehalt bezahlt“, führte der Familienvater aus. Seinen Angaben zufolge nahm er Hilfen vom Wolfenbütteler Solidarfonds und vom Land Niedersachsen in Anspruch. „Hierüber bin ich sehr dankbar.“ In der Not entstand das Projekt #wirzusammen. Es steht für Zusammenhalt, Gemeinschaft, Hoffnung, Sicherheit und für Solidarität. Als Vize-Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) Kreisverband Braunschweig/Wolfenbüttel, Mitglied der Industrie- und Handelskammer Braunschweig und Mittelstands- und Wirtschaftsunion Wolfenbüttel, ehrenamtlicher Handelsrichter am Landgericht, Verbindungen bis in die Bundespolitik und über 1.500 Handykontakten sollte er gut vernetzt sein, um die Krise zu stemmen. „Ich bekam schnell ein Helfersyndrom, wollte vielen meiner Kollegen Tipps geben“, erzählte er in seiner Konditorei. Da kam die Idee der „Unterstützertasse“. Das Motto auf der einen Seite, das Logo auf der anderen, für 20,20 Euro zu erstehen. Volksbank BraWo, BS-Energy, Görge Frischemarkt, Radio SAW, die Moorbusch Apotheke, i-Unit Group und viele weitere zählen zu den Förderern. Hennicke: „#wirzusammen steht für eine Initiative, die die Menschen in der Region Braunschweig noch mehr zusammenschweißen soll.“ Die Hälfte des Preises geht zur gezielten Hilfe, ein Viertel kostet die Produktion, der Rest kommt in einen Soli-Topf, aus dem weitere Betriebe geholfen wird. Eine einfache Idee mit großer Wirkung.
Die letzten Wochen hat Hennicke neben dem bürokratischen Aufwand viel an Haus- und Hofarbeit erledigt. Beim Besuch strotzte er vor Zuversicht, plauderte Pläne aus. So soll ein Inklusionsspielplatz mit der Evangelischen Stiftung Neuerkerode und der Kroschke Stiftung entstehen. „Im Außenbereich will ich bald 1.000 Gästen Platz bieten“, erzählte er. „Ein großer, gemütlicher Biergarten, ein neues Konzept, weniger Müll, mehr Geschirr. Drinnen der Service mit großem Saal für Familienfeiern.“ Die Tage dieser Woche nutzte er, um einen Motorradparkplatz anzulegen. Der Gaststätten-Chef will vorbereitet sein, wenn er wieder öffnen darf. Hier und da habe er aber auch investiert. Ins Gebäude, in die Technik. Es klang paradox, wenn man mit dem Geld doch sparen sollte. „Wer die Schließung nicht ausnutzt, um zu modernisieren, wird den Anschluss verlieren“, meinte er. Bereits jetzt kommen zahlreiche Spaziergänger und Radfahrer entlang, schnacken mit ihm über die Lage. „Mir fehlen die Menschen. Mir wurde genommen, was ich liebe. Die Kunden, die Gemeinschaft, das Gesellige. Ich bin gerne unter Leuten.“ Er war sich daher ziemlich sicher, wenn er wieder öffnen darf, dass „der Laden brummen wird.“ Die Naherholung sei ein großer Pluspunkt der Elmregion.
Vor der Tür hat täglich von 10 bis 18 Uhr eine Wildbaude mit Kaffee, Kuchen und Eis geöffnet. „Im Moment ist jedes verkaufte Stück Kuchen ein Segen.“ Auch Pommes, Bratwurst, Flammkuchen und Suppen bietet er von 12 bis 18 Uhr zur Mitnahme an oder nach Vorschrift Verzehr nur in 50 Meter Entfernung. Doch auch dann gewiss mit Traumausblick.