Im Dezember ist der DRK-Ortsverein Schöppenstedt 130 Jahre alt geworden. Eine beeindruckende Zahl, die entsprechend mit einem großen Fest und vielen Aktionen gefeiert werden sollte. „Leider bleibt es zunächst bei einer umfangreichen Ideensammlung“, so Ruth Naumann im Hinblick auf die Corona-Pandemie, die solche Veranstaltungen und auch viele Vereinsaktivitäten verhindert. Die Vorsitzende des Ortsvereins betont aber: „Wir werden das nachholen.“

Für ein großes Fest kommt zum Beispiel das Jahr 2024 in Frage. Denn dann jährt sich die Gründung eines der Vorläufer-Vereine zum 95. Mal. Hier zeigt sich schon, die Gründungsgeschichte ist ein wenig kompliziert. Fest steht: 1929 wurde die „Freiwillige Sanitätskontrolle vom Roten Kreuz“ in Schöppenstedt gegründet – mit dem Ziel und Zweck „Hilfeleistungen in allen Notfällen wie Epidemien, Wassersnot, Feuer, Katastrophen und öffentlichen Notständen“ zu leisten, so steht es im Gründungsprotokoll.

Vaterländischer Frauen-Verein zählt als Vorläufer

„Wir beziehen uns aber auch auf eine weitere Vorgängerorganisation“, erklärt Heinz-Jürgen Coblenz, ehemaliger Ortsvereinsvorsitzender, der zahlreiche Protokollbücher und Vereinsakten durchgearbeitet hat. Die Rede ist vom „Vaterländischen Frauen-Verein für den Amtsgerichtsbezirk Schöppenstedt“. Dieser wurde am 18. Dezember 1890 gegründet und verfolgte ebenfalls das Ziel, jedem Menschen Hilfe zu leisten, „was damals überhaupt nicht selbstverständlich, aber dringend erforderlich war“, wie Naumann betont. In einem Protokollbuch ließ sich dieser Eintrag finden: „Gewährung von Unterstützungen, Weihnachtsbescherungen“, der die Ziele des Vereins formulierte.

59 Mitglieder zählte der Verein im Jahr 1909, Vorsitzende war damals Margarete Beste. Die spätere Sanitätseinheit war 1931 unter Kolonnenführer Gustav Prilwitz auf 46 Sanitäter und 5 Helferinnen gewachsen.

Der heutige DRK-Ortsverein Schöppenstedt wurde unter diesem Namen 1948 mit 38 Mitgliedern gegründet. Erster Vorsitzender war Werner Oberer. Spätere Vorsitzende waren unter anderem Wilhelm Krake und Walter Garbe.

Zu den Hauptschwerpunkten der Arbeit zählte zum Beispiel der Suchdienst, der insbesondere in den Jahrzehnten nach dem zweiten Weltkrieg aktiv war. „Es wurden viele Anfragen gestellt. Die Ortsvereine hatten dann oftmals die Aufgabe, die Verbliebenen im Ort zu finden, um ihnen zum Beispiel zu sagen, auf welchem Friedhof der Gesuchte liegt“, erklärt Coblenz. Es habe aber auch immer mal wieder positive Rückmeldungen gegeben – und Namen und Adressen von Vermissten konnten übermittelt werden.

Hilfe im Ort und darüber hinaus

Paket-Aktionen gehörten ebenfalls zum Aufgabenspektrum der Schöppenstedter Rotkreuzler. „Anfang der 50er-Jahre verteilte der Ortsverein Care-Pakete im Ort zum Weihnachtsfest, die überwiegend aus Schweden kamen“, berichtet Coblenz. „Als es den Schöppenstedtern nach und nach besser ging, halfen wir mit Paketen den Menschen in der DDR.“ Auch bei der Flut-Katastrophe in Hamburg 1962 wurde der Ortsverein Schöppenstedt aktiv. „Damals wurden hier 3 Tonnen Kleidung gesammelt und es kamen 27.700 Mark an Spenden zusammen“, so Coblenz.

In den 60er-Jahren habe der Ortsverein sich auch bei der Lebensmittelverteilung in Schöppenstedt engagiert, erinnert sich der stellvertretende Ortsvereins-Vorsitzende Gerhard Piochacz, der seit 1960 DRK-Mitglied ist. „Wir haben Butter, Mehl und Zucker an Rentner und Arbeitslose verteilt“, sagt er.

Eine Werbeaktion im Jahr 1967 verlief besonders eindrucksvoll: 235 neue Mitglieder schlossen sich dem Verein an. Alle ortsansässigen Ärzte gehörten damals dem DRK an. Zudem nahm erneut eine Sanitätseinheit mit mehr als 20 Mitgliedern ihren Dienst auf.

Eine große neue Aufgabe kam auf Schöppenstedt mit der Flüchtlingskrise 2015 zu. In der Eulenspiegelstadt wurde eine Erstaufnahmestelle vom Kreisverband des DRK eingerichtet und betrieben. „Wir haben da viel mitgeholfen“, berichtet Naumann. Die vielen Aktivitäten über die Jahrzehnte hinweg zeigen: „Der Grundgedanke des Roten Kreuzes, Menschen in Not zu helfen und zu unterstützen, bleibt immer aktuell“, fasst Naumann zusammen.

300 Mitglieder – viele Aktivitäten

Heute zählt der Ortsverein rund 300 Mitglieder (2013 waren es 190. Im selben Jahr begann eine erfolgreiche Werbe-Aktion anlässlich des 150. Jubiläums der Rot-Kreuz-Organisation). Zu den Haupt-Aktivitäten gehören heute: Erste-Hilfe-Kurse, Blutspendetermine und Altkleidersammlungen. „Bei unseren Jahreshauptversammlungen haben wir zudem üblicherweise immer ein Programm – zum Beispiel Vorführungen zu den Themen Reanimation und Hausnotruf“, berichtet Naumann.

Die meisten Aktivitäten ruhen aufgrund der Pandemie, die aber wieder neue Tätigkeitsfelder eröffnet: „Derzeit unterstützen wird das mobile Impfteam des Landkreises bei den Terminen in der Eulenspiegelhalle“, erzählt die Vorsitzende.

Kurz vor der Pandemie hatte der Ortsverein zudem angefangen, Geburtstags-Nachmittage mit Kaffee und Kuchen für Mitglieder zu veranstalten. „Das haben wir erst zweimal durchführen können. Derzeit ist das alles nicht möglich“, bedauert die ehemalige Bürgermeisterin der Samtgemeinde Schöppenstedt. Außerdem gibt es einen äußerst aktiven Schulsanitätsdienst an der IGS-Schöppenstedt.

Der Ortsverein ist auch weiterhin bei zahlreichen Aktionen der Flüchtlingshilfe engagiert. So kümmert sich Sigrid Otte nicht nur in den Sprechstunden, sondern auch weit darüber hinaus um Ratsuchende. Das Café der Begegnung lädt regelmäßig zu Treffen ein und es ist ein Gemeinschaftsgarten sowie ein Handarbeitstreff mit Unterstützung des Kreisverbandes entstanden. „Sobald es wieder zugelassen ist, wollen wir auch unsere Senioren-Gymnastikgruppe in der Eulenspiegelhalle wieder anbieten“, sagt Naumann.

Viele Ideen für das Jubiläumsfest

Der Vorstand des Ortsvereins hatte sich viel einfallen lassen für die Jubiläumsfeierlichkeiten. So sollte es ein Festwochenende geben mit allem drum und dran: Einsatzfahrzeuge, Erste-Hilfe-Aktionen, gemeinsame Übungen vom Roten Kreuz und der Feuerwehr, eine Station zum Verarzten von Kuscheltieren für die Kinder. „Außerdem wollten wir spezielle Blutspende-Aktion durchführen“ erzählt Naumann. Als zentraler Ansatz war eine Gesundheitsschule mit einer Gegenüberstellung geplant: wie sah die Arbeit des DRK früher aus, wie heute? Für das 95-jährige Bestehen der „Freiwilligen Sanitätskolonne“ in 2024 war bereits eine Gesundheitsmesse geplant. Naumann und ihre Mitstreiter im Vorstand sowie im Ortsverein haben jedenfalls viele Ideen für Feste und Aktionen und hoffen, diese bald umsetzen zu können.