Allein die Bilanz vom Vorjahr zeigt den Erfolg: „37 Rehkitze retteten wir“, warf Drohnenpilot Thomas Heithecker bei einem interessanten Besuch ein. In aller Frühe ist er mit seiner Technik im Landkreis Wolfenbüttel unterwegs, oftmals auch im Helmstedter und Wolfsburger Gebiet oder sogar Sachsen-Anhalt.

Seit zehn Jahren hat er einen Hexacopter, also eine Drohne mit sechs Motoren – „Marke Eigenbau“, sagte er. In der Elmregion kennen ihn einige Landwirte, viele helfen sich untereinander. Und auch jetzt, wenn die Mähsaison losgeht.

Karsten Vahldiek und Andreas Beese etwa sind zwei Landwirte aus Abbenrode. In dieser Woche wurden rund 35 Hektar ihrer Wiesen gemäht. „Das Gras ist hochgewachsen, im Mai und Juni steht die Ernte für Silage und Heu an“, erklärte Vahldiek auf seinem Aussiedlerhof im Wohld. Die Gras-Silage soll eine Biogasanlage versorgen. Das gewonnene Gas wird zu Biomethan aufbereitet und dann ins Erdgasnetz eingespeist. Es ist ein schönes Beispiel, wie Landwirte einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Lobenswert ist auch die Rettung der Rehkitze. „Zwar haben wir auch früher die Felder vor der Mahd abgesucht, aber mit der heutigen Drohnentechnik ist das zuverlässiger“, schilderte Vahldiek, der auch Jagdpächter ist. 

An der Drohne hängt eine Wärmebildkamera, zudem eine GoPro-Kamera, die das Livebild nach unten überträgt. Genauer gesagt: In den Kofferraum von Heitheckers Auto. An den Rücksitzen waren zwei Bildschirme angebracht. „Auf ihnen sieht man das Wärmebild und einmal das Livebild“, führte er aus. An der Drohne befestigte Heithecker einen LED-Scheinwerfer, der bei Nacht das Feld ausleuchtet, sodass man auch auf den Monitoren eine bessere Sicht hat. Sein Hexacopter erfordert ein gutes Handling, daher musste er als „Fernpilot“ eine Prüfung ablegen. Obendrein ist seine Drohne beim Luftfahrbundesamt registriert. Auch die Feuerwehr-Leitstellen kennen Heitheckers Mobilnummer. Schon manchesmal wurde er für Personensuchen alarmiert. 

Doch zurück zu den Rehkitzen, die es sich in der Nacht im hohen Gras bequem machen. „Ihre Mütter bringen sie dort zur Welt und legen sie im hohen, vermeintlich sicheren Gras ab“, gab Beese an. Nur wenige Tage bis Wochen sind sie dann alt. Das Muttertier treibt dann umher, zum Säugen kommt es zurück. Droht Gefahr, flieht die Mutter. Und auch Hasen und Füchse laufen weg, doch die Kitze sind auf sich gestellt. „Der Flucht-instinkt ist noch nicht ausgeprägt“, beschrieb er. Die Rehkitze drücken sich dann zwar flach an den Boden, sodass Fressfeinde wie zum Beispiel der Fuchs sie so nicht sehen können, aber auch nicht der Fahrer des Treckers mit dem angehängten Mähwerk. 

„Zwölf Meter ist das Schneidwerk breit, gut 15 Kilometer pro Stunde fahren wir. Da haben Rehkitze keine Chance“, fuhr Vahldiek fort. Erst nach etwa drei Monaten stillt das Muttertier nicht mehr, dann sind sie alt genug, sich selbst ihr Futter zu suchen. Die Suchaktion findet übrigens nur nachts statt – oft zwischen drei und fünf Uhr. Danach ist die Umgebungstemperatur zu hoch und die Kitze könnten schwieriger identifiziert werden. Gefährdet seien ebenso Bodenbrüter wie Fasane. Sie würden auch ausgespäht. 

Zur Ausstattung im Kofferraum zählt ferner ein Laptop. „Mit ihm wird das Feld mittels GPS-Satellit in Raster geteilt, das dann Spur für Spur abgeflogen wird“, merkte Heithecker an. Etwa 25 Minuten hält ein Akku, acht hat er. „Ein gutes Akkumanagement ist wichtig.“ Pro Stunde fliegen sie zehn Hektar ab. Am Boden hilft dem Piloten ein Luftraumbeobachter, im Fachjargon „Spotter“ genannt. Den Job übernahm Torben Meyer in Abbenrode. Die Helfer nutzen Monitore und Funkgeräte zum Kontakt. Je wärmer, je heller sind die farblichen Abstufungen im Wärmebild. 

Bei weißen Flecken gilt höchste Aufmerksamkeit. Finden sie ein Kitz, sind die Retter schnell da, tragen Handschuhe, haben einen großen Wäschekorb dabei. „Anfassen dürfen wir die Jungtiere nur mit Grasbüscheln in den Händen, damit die Ricke, das Muttertier, es nicht wegen des fremden Geruchs verstößt“, sagte Vahldiek. Am Feld-rand legen sie es ab. Wenn die Mäharbeiten beendet sind, wird der Korb entfernt. „Die Mutter wird später nach dem Kitz rufen und es finden“, wusste er. Rechtlich betrachtet, sind die Landwirte nach dem Tierschutzgesetz verpflichtet, die Wiesen vor dem Mähen abzusuchen. Doch früher sei die Suche mit Hunden nicht so effektiv gewesen. Zwar gebe es auch jetzt keine Sicherheit, allerdings sei die Wahrscheinlichkeit höher und die Suche werde populärer. „Uns geht es hier ums Tierwohl und Tierschutz“, betonten die beiden Landwirte. Denn wird das Tier vom Mähwerk erfasst, könnten die Beine oder der Rücken derart verletzt werden, dass das Kitz getötet wird oder erlöst werden muss. 

Gelohnt hat sich die Aktion nach den ersten zehn Hektar in dieser Woche definitiv, so Heithecker am Tag darauf: „Wir haben mehrere Kitze gesichtet. Fünf sind direkt aus dem Feld gesprungen, die wohl schon etwas älter waren. Am Ende haben wir einen Zwilling gerettet. Die Kitze müssen erst wenige Stunden gelebt haben.“