Das Schaufenster ist eine Sonntagszeitung, die von vielen Lesern an ihrem freien Tag sehnlichst erwartet wird. Sie genießen es, endlich mal in Ruhe schmökern zu können und sich über die Neuigkeiten aus Stadt und Landkreis zu informieren. Und das alles auch noch kostenlos!

Und doch häuften sich in den letzten Wochen die Beschwerden: Leser waren unzufrieden mit den Zustellern – aber auch Zusteller hatten sich über Leser zu beklagen. Um die Situation zu verstehen, entschloss sich Schaufenster-Geschäftsführerin Nicole Volkstedt zu einem ungewöhnlichen Schritt: Als der Vertrieb am Samstagabend meldete, „Zusteller in Semmenstedt fällt wegen Krankheit aus“, nahm sie die Sache selbst in die Hand. „Ich habe also um 5.30 Uhr morgens 220 Exemplare in Empfang genommen und bin losgegangen.“

Sie wollte einerseits wissen, wie sich das anfühlt, im Dunkeln und bei Eiseskälte Zeitungen zu verteilen. Außerdem kannte sie natürlich die Klagen. „Es gibt Orte, in denen wir mittlerweile keine Verteiler mehr finden. Zu oft wurden sie von Leuten beschimpft, denen unsere Zeitung vermeintlich zu spät gebracht wurde.“ Das Ziel des Verlags sei es, das Schaufenster bis spätestens um 13 Uhr in jeden Briefkasten des Landkreises zu stecken. „Wir versuchen sogar, das bis zum etwas späteren Frühstück zu schaffen.“ Doch dieser hohe Anspruch sei gerade duch Corona und die Quarantäne-Regeln im Moment nicht immer umzusetzen.

Um 9 Uhr war die Geschäftsführerin wieder im Büro. Durchgefroren und um viele Eindrücke reicher. „In manchen Häusern wurde ich schon erwartet“, erzählt sie. Einige hätten sich auch an der offenen Tür für den kostenlosen Bringdienst bedankt. Doch es gab auch Schwierigkeiten. „Mancher Briefkasten ist schlicht zu klein für unsere Sonntagszeitung.“ In diesen Fällen schlägt die Geschäftsführerin vor, eine Leertüte an die Tür zu hängen oder eine Kiste hinzustellen, die dann von den Zustellern genutzt werden kann. „Wenn wir die Zeitungen lose vor die Tür legen, bläst der Wind alles auseinander.“

Ähnlich läuft es, wenn ungeduldige Leser eine Ablagestelle aufsuchen und die dortigen Pakete aufreißen. „Dann haben sie zwar ihr Exemplar Schaufenster, aber die anderen Exemplare sind dem Wind ausgeliefert“, erklärt Nicole Volkstedt. Ebenso sorgte bei ihr für Unverständnis, dass manche Haushalte – in teils drastischem Ton – gleich mehrere Ausgaben forderten.

Fazit: „Ich ziehe meinen Hut vor unseren Verteilern, die bei Wind und Wetter gerade auf den Dörfern weite Wege gehen und dabei gegen die Uhr arbeiten.“ Der Krankheitsstand durch Corona verzögere die Sache zusätzlich. Bei solchen Ausfällen springen andere ein und haben dann zwei oder sogar drei Bezirke zu bedienen. „Dadurch kann es passieren, dass die Zeitung erst nachmittags kommt – aber sie kommt!“ Wobei auch schon Unvorstellbares vorkam: „In einem Dorf wurden Pakete mit 200 Ausgaben gestohlen.“

Die Geschäftsführerin unterstreicht, wie eng der Zeitplan gesteckt ist: „Wir aktualisieren unsere Zeitung bis in den Samstagabend hinein. Dann gehen die Daten in die Druckerei nach Rodenberg. Gegen 2 Uhr nachts trifft die Gesamtausgabe in Wolfenbüttel ein, wobei sich auch dieser Zeitpunkt schon mal durch technische Probleme in der Druckerei und Staus beim Transport verzögert hat. Die Unterverteilung im Landkreis soll bis 5 Uhr erledigt sein, danach greifen die Zusteller zu.“

Übrigens hat sich der Schaufenster-Verlag bei der Gründung vor mehr als 35 Jahren entschieden, die Zeitung am Sonntag zu verteilen. „Und dabei bleiben wir auch.“ Viele andere Anzeigenblätter zogen den Erscheinungstag mittlerweile aus Kostengründen auf Samstag vor. „Wir halten Sonntag aber für den schöneren Lesetag, was ja für unsere Leser und die Anzeigenkunden wichtig ist.“ Erst diese vielen treuen Anzeigen- und Beilagen-Kunden machen es möglich, eine kostenlose Zeitung so anspruchsvoll produzieren zu können. „Wir sind unseren Inserenten sehr dankbar, dass sie auch in schwieriger Zeit stets zu uns gehalten haben.“

Für die Zukunft wünscht sich die Geschäftsführerin, dass Leser und Zusteller den Sonntag harmonisch beginnen. „Mein Motto lautet: Miteinander füreinander.“ In diesem Sinne sollte mancher besser kurz innehalten, bevor er sich wortstark beschwere. „Dass sich manche Leser bei mir morgens bedankt haben, hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert, trotz aller Kälte.“

Wem künftig in puncto Zustellung etwas auf der Seele brenne, der könne sich mit Anregungen und Wünschen gern bei ihr melden. „Meine Maildresse lautet n.volkstedt@schaufenster-wf.de.“