Lasse Rusniok aus Wolfenbüttel suchte vor seinem Studienbeginn noch einmal das Abenteuer. Diesmal wurden die Hängematte, eine Luftmatratze und der Rest des Reiseequipments jedoch nicht im großen Rucksack verstaut, sondern minimalistisch in kleinen Fahrradtaschen zusammengerollt. Anders als bei seiner Tour durch Mittel- und Südamerika, ging es für den 22-Jährigen diesmal mit dem Fahrrad ins Ausland.
„Nun habe ich so viel vom anderen Ende der Welt gesehen, bin mit dem Segelboot über den Atlantik gefahren. Aber was kenne ich eigentlich von Deutschland?“ Diese Gedanken gingen dem Wolfenbütteler durch den Kopf und waren der Auslöser für die Idee: „Ich fahre mit dem Fahrrad von meiner Haustür bis nach Italien!“
Dann ging alles sehr schnell. Die Sachen waren gepackt und es ging früh am Morgen los, zunächst immer mit Blick auf den Harz. Die ersten 400 Kilometer wurde Lasse von seiner Schwester begleitet. Regen und Kälte machten die Anfangstage nicht gerade zum Vergnügen. Umso mehr freuten sich die beiden, als sie einen Zwischenstopp auf einem Campingplatz machen konnten, wo sie ihre Eltern besuchten. Nasse Kleidung, Schlafsäcke und Schuhe wurden wieder getrocknet und es konnte weitergehen.
In Bayreuth trennten sich die Geschwister wieder, und Lasse machte sich alleine weiter auf den Weg nach Italien. Es gab bis dahin keinen Tag ohne Regen, und kurz vor den Alpen wurde es so unangenehm, dass immer wieder Zwangspausen eingelegt werden mussten. Die verbrachte er häufig in den Heizungskellern von Hotelanlagen, wo er sich aufwärmen und gleichzeitig seine Sachen trocknen konnte.
Nächtlicher Starkregen, der fast jede Nacht herunterprasselte, sorgte dafür, dass sich der Wolfenbütteler auf Bauernhöfen Unterschlupf suchte. Ein Schlafplatz im Heu, im Kuh- oder Pferdestall, Gartenhaus, Garage usw. waren immer eine gemütliche Alternative.
Dann wurde es anstrengend. Die Alpen waren nicht mehr weit, und die mit Schnee bedeckten Gipfel ragten vor ihm in die Höhe. Dort sollte es nun drüber gehen, aber so hatte er es sich ja schließlich selber ausgesucht. Mit geringem Tempo schraubte er sich die steilen Passstraßen höher und höher. Am höchsten Punkt war die Erleichterung groß, denn ab sofort ging es fast nur noch bergab – und wie! Bis zum Gardasee mit Rückenwind und bei strahlendem Sonnenschein.
Warme Nächte in der Hängematte zwischen Olivenbäumen oder Apfel- und Weinplantagen waren die Belohnung.
Die italienische Grenze hatte Lasse schon längst hinter sich gelassen, seine Idee also in die Tat umgesetzt. Er wollte aber weiter, mehr von Italien sehen und seine Freundin besuchen, die zu diesem Zeitpunkt in der Nähe von Pisa wohnte. Also ging es weiter an die italienische Westküste und nach Lucca, wo die beiden eine Woche zusammen verbrachten. Über Pisa radelte der 22-Jährige noch ein Stück durch die Toskana bis nach Florenz, wo seine Tour nach 1800 Kilometern endete.
Mit einem Flixbus, der auch sein Fahrrad mitnahm, ging es zurück nach Braunschweig.