„Wir lernen nur, wenn wir nicht vergessen“, steht auf dem Gedenkstein des ehemaligen KZ-Außenlagers Schandelah-Wohld. Die Lagerinsassen schufteten dort unter unmenschlichen Bedingungen. Am 1. Mai wurde erneut vor Ort der Opfer gedacht.

In dem Außenlager des berüchtigten Konzentrationslagers Neuengamme bei Hamburg wurde Ölschiefer abgebaut. Aus diesem sollte Öl für die Kriegsmaschinerie der Nationalsozialisten gewonnen werden. Menschen aus 15 Staaten wurden im Außenlager Schandelah-Wohld inhaftiert. Darunter viele Belgier. „100 Menschen sind damals allein in unserem Ort verhaftet worden und kamen nach Schandelah. Nur acht kehrten heim“, berichtete Rudi Beeken, Bürgermeister der belgischen Gemeinde Tielt-Winge. Damals habe der Ort gerade einmal 800 Einwohner gehabt. Heute verbinde die Gemeinden Cremlingen und Tielt-Winge eine große Freundschaft, betonte Beeken. „Wir freuen uns, dass wir hier immer willkommen sind“, sagte er.

Mit ihm waren traditionell Angehörige ehemaliger Lagerinsassen, die in der „Amicale Belge de Neuengamme“ organisiert sind, nach Schandelah gereist. Viele belgische Opfer des Lagers sind heute auf dem Friedhof in Scheppau begraben. Sie waren kurz nach Kriegsende vom Lagergelände umgebettet worden. In Scheppau wurde vor dem Besuch der Gedenkfeier in Schandelah ebenfalls ein Kranz niedergelegt. Der letzte Überlebende des Lagers, Victor Malbecq, war 2015 verstorben. Angehörige nahmen an der Feier teil.

„Der Kriegstreiber Putin hat uns mit seinem Überfall auf die Ukraine leider gezeigt, dass das Pflänzchen Demokratie nur allzu leicht mit einem Stiefel der Gewalt zerdrückt werden kann“, sagte der stellvertretende Landrat Uwe Schäfer. Bedauerlicherweise sei unser Demokratieverständnis keine Schutzmauer mehr vor Verbrechern und Kriegstreibern. Es lohne sich, für das Erinnern zu streiten und dafür zu sorgen, dass sich das Geschehen niemals wiederhole.

Gedenkstätte ist Lern- und Gedenkort

Das Außenlager sei nicht von den Alliierten befreit worden, erklärte Thomas Kubetzky, Geschäftsführer des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte, in seinem Vortrag. Am 10. April 1945 seien sie in das Auffanglager Wöbbelin bei Ludwigslust transportiert und dort am 2. Mai von amerikanischen Truppen befreit worden. „Misshandlung, Verfolgung und Vernichtung fanden nicht im Osten statt, sondern vor der eigenen Haustür“, so Kubetzky weiter. „Wir können heute davon ausgehen, dass es bekannt und Teil des Alltages war“, sagte er weiter. Seit Mitte der 80er-Jahre werde das Gedenken durch bürgerschaftliches Engagement initiiert, seit 2012 gebe es die Gedenkstätte in ihrer heutigen Form.„Sie ist ein Zeichen für gesellschaftliches und lokalpolitisches Engagement. Nur dadurch ist die Entwicklung des Ortes zu einem Gedenk- und Lernort möglich“, schloss er.

Erinnerungsarbeit soll fortgesetzt werden

Seit zehn Jahren gebe es in der Gemeinde Cremlingen einen Erinnerungsworkshop, berichtete Detlef Kaatz, Bürgermeister der Gemeinde Cremlingen. Gemeinsam mit der Fotokünstlerin Yvonne Salzmann gebe es Erinnerungsarbeit mit Schulen direkt vor Ort. „Wir wollen diesen Ort zukünftig noch erlebbarer machen“, so Kaatz weiter. Zum Abschluss der Feier gab es traditionell das Lied der Moorsoldaten zu hören. Musikalisch wurde die Feier von dem Flöten-Ensemble Flauti Animati (Susanne Dieter, Beater Isensee und Ulrike Siemens) begleitet.