Aufbruchstimmung herrschte gestern auf einem Feld oberhalb von Wolfenbüttel. „Jetzt geht‘s los“, sagte nicht nur Horst Kiehne, der Vorsitzende des DRK-Präsidiums, als er seinen Spaten in den Mergel-Boden stieß. Vielmehr haben auf diesen ersten Spatenstich die gesamten Rotkreuzler im LandkreisWolfenbüttel lange gewartet: Das Projekt Exer2020 begann coronabedingt sozusagen mit einen Jahr Verspätung.

Sekundieren ließ sich Kiehne bei seinem offiziellen Akt vom Architekten Frank Guder, den Präsidiumsmitgliedern Heike Kanter, Björn Försterling und Axel Szybay sowie von Vorstand Andreas Ring und dessen Stellvertreter Thomas Stoch. Alle waren sich einig, dass es an der Mascheroder Straße gegenüber vom Exer um nichts weniger als einen Meilenstein in der Entwicklung des Kreisverbandes geht. Immerhin steht nun – nach bald zweieinhalb Jahren der Planung – die Umsetzung an.

Kleiner Wermutstropfen: Der Spatenstich galt zunächst nur dem ersten Bauabschnitt. Er soll vornehmlich den Aufgabenfeldern der Behindertenhilfe aus ihren beengten Verhältnissen helfen. Außerdem werden nach Fertigstellung die Zentralen Dienste und weitere der über 40 Projekte, Hilfsangebote und Tätigkeitsbereiche des DRK an den Exer ziehen. Im südlichen Bereich des Grundstücks ist ein großer Therapiegarten geplant. Der zweite Bauabschnitt (Rettungsdienst, Katastrophenschutz) muss erst noch von der Kreispolitik abgesegnet werden.

Gleichwohl ist das Rote Kreuz voller Vorfreude auf das neue DRK-Zentrum. Es wurde eigens eine webcam installiert, um den Baufortschritt aller Welt erlebbar zu machen. Im Viertelstunden-Rhythmus macht sie ein Bild, das dann im Internet auf der Homepage des Kreisverbands unter www.drk-kv-wf.de zu sehen ist.

Besonders originell auf dieser Seite ist der Zeitraffer, der die Veränderung zusammenfasst – auch die der Jahreszeiten. Im Moment allerdings steht nur das größte Fahrzeug des DRK auf dem Baugrund. An ihm ist ein Transparent mit der künftigen Außenansicht befestigt: Der LKW dient dadurch sozusagen als vorläufiges „rollendes Bauschild“.

„Wir hoffen, dass die Kreispolitik den Weg schnell ebnet für den Beginn des zweiten Bauabschnitts. Rettungsdienst und Katastrophenschutz benötigen dringend eine angemessene Unterbringung“, so Björn Försterling, Präsidiumsmitglied und kommissarischer Geschäftsführer der DRK-Rettungsdienst Wolfenbüttel gGmbH. Beide Bereiche stehen und fallen mit dem Engagement und der Motivation der haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter.

Ein zweiter Spatenstich soll folgen

Dafür sei es notwendig eine moderne und dem Arbeitsschutz entsprechende Arbeitsumgebung zu schaffen. Die derzeitige Unterbringung an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße für den Rettungsdienst sei weder zeitgemäß noch bringe sie den Mitarbeitenden die notwendige Wertschätzung entgegen. Als Beispiel führt Försterling an, dass die weiblichen Beschäftigten auf der Rettungswache weder eigene Schlafräume noch Toiletten haben würden. Aktuell wer- de das durch eine Schlafmöglichkeit in einem alten Duschraum der Rettungswache und durch die Damentoiletten in der Verwaltung des DRK- Kreisverbands kompensiert. „Unsere Mitarbeiter haben besseres verdient, denn sie leisten tagtäglich hervorragende Arbeit“, betont Björn Försterling die Bedeutung eines Neubaus.

Viele Wolfenbütteler haben sich aufgrund der Berichterstattungen in den letzten Monaten aber Gedanken darüber gemacht, ob der Rettungswagen künftig noch schnell genug vor Ort sein wird, wenn die Rettungswache zur Mascheroder Straße verlegt wird. Hier kann Björn Försterling jedoch beruhigen: „Der Landkreis Wolfenbüttel, der vom Landkreis beauftragte und wir als Beauftragter des Rettungsdienstes sind zu der Überzeugung gelangt, dass die Rettungswagen an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße verbleiben werden, um von dort aus die Stadt Wolfenbüttel zu versorgen. Natürlich muss dann auch der Standort zeitgemäß hergerichtet werden.“ Die Verlagerung des qualifizierten Krankentransportes, derReservefahrzeuge und des Zentrallagers an die Mascheroder Straße würden den dafür notwendigen Platz an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße schaffen.

Ehrenamt wertschätzen

Wie bedeutend die ehrenamtlichen Strukturen im Bereich des Katastrophenschutzes sind habe nach Auffassung des DRK-Kreisverbands die jüngste Flutkatastrophe auf tragische Weise allen vor Augen geführt. „Wir sind der Kreispolitik dankbar dafür, dass sie die Schaffung von Strukturen für den erweiterten Rettungsdienst auf den Weg gebracht hat und nach mehr als vierzig Jahren den Katastrophenschutz im Bereich Sanität und Betreuung nunmehr jährlich fördert“, begrüßt Försterling die Schritte der letzten Jahre. Es sei jedoch notwendig, dass weitere Schritte folgen. Bisher verfügen die ehrenamtlichen Katastrophenschützer weder über eigene Aufenthaltsräume noch über Ruheräume für längere Einsätze oder Arbeitsplätze für die stetig steigende Bürokratie oder digitale Fortbildungen. Daher sollen auch der DRK-Einsatzzug und die Staffel für Psychosoziale Notfallversorgung im zweiten Bauabschnitt untergebracht werden. Nicht nur die Ehrenamtler benötigen eine bessere Unterbringung, sondern auch die Fahrzeuge des Katastrophenschutzes. „Auf den Fahrzeugen sind Medizinprodukte und Technik verlastet, die aktuell immer getrennt gelagert werden müssen, weil die aktuelle Fahrzeughalle nicht frostsicher ist. Das vermindert die Einsatzbereitschaft“, weiß Försterling zu berichten. Für den Aufbau des erweiterten Rettungsdienstes sind zwei Transportkomponenten mit jeweils 5 Krankentransportwagen (KTW) vorgesehen. Durch die weiteren Fahrzeuge des qualifizierten Krankentransportes und die Reservefahrzeuge des Rettungsdienstes wird insgesamt eine große Fahrzeughalle entstehen. Am Anfang sei man beim DRK skeptisch gewesen, weil die Halle mit 32 Stellplätzen sehr groß werden wird. Perspektivisch sind aber heute schon 29 Stellplätze belegt und ein wenig Platz für die Zukunft sollte mit einem Neubau ja schon verbunden sein.

Die aktuelle Platznot führe nach Darstellung des DRK zu dem Problem, dass notwendige Fahrzeugbeschaffungen, beispielsweise für die Transportkomponenten des erweiterten Rettungsdienstes, aufgeschoben werden müssen. Björn Försterling möchte abschließend aber noch einen wichtigen Punkt ergänzen: „Wenn wir den Krankentransport, den erweiterten Rettungsdienst und den Katastrophenschutz gemeinsam unterbringen, verzahnen wir nicht nur Haupt- und Ehrenamt, sondern haben die Chance die Versorgungssicherheit für die Menschen im Landkreis Wolfenbüttel bei größeren Schadenslagen erheblich zu verbessern. Wir können Haupt- und Ehrenamt künftig zum Standort Mascheroder Straße alarmieren und dann genau das Personal und Material schnell zur Einsatzstelle führen was benötigt wird. Ein unschlagbares Argument für diesen Neubau eines Rettungsdienst- und Katastrophenschutzzentrums.“