Am vergangenen Mittwoch fand die dritte gemeinsame Ausbildungsmesse von Agentur für Arbeit, Handwerkskammer, Arbeitgeberverband sowie Industrie- und Handelskammer im Eintracht-Stadion in Braunschweig statt. Als neuer Veranstaltungspartner ist die Kreishandwerkerschaft dabei. Rund 500 offene Ausbildungsstellen zu diesem Sommer trafen auf knapp 1.000 junge Menschen.

„Die Messe lebt zum einen von seiner Vielfalt und dem gelungenen Mix. Zum anderen ist der unmittelbare Kontakt entscheidend. Hier zählt der persönliche Eindruck und nicht zwingend auf den ersten Blick das Zeugnis. Der Ruf nach talentierten jungen Auszubildenden wird immer lauter. Doch den Kampf um den Klassenbesten können nicht alle Unternehmen gewinnen. Es ist Zeit, die Talente, auch unabhängig von Schulnoten, zu entdecken. Dafür ist so ein Speed-Dating eine ideale Plattform“, meint Oliver Bossow, Vize-Chef der Agentur für Arbeit. Eckhard Sudmeyer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer: „Die gute Konjunktur und positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt macht es für die Handwerksbetriebe immer schwieriger, Auszubildende zu bekommen. Entgegen diesem Trend ist es dem Handwerk erfreulicherweise gelungen, im vergangenen Jahr die Zahl der Lehrstellen nicht nur zu halten, sondern sogar leicht auszubauen. Es zahlt sich offenbar aus, dass wir in den vergangenen Jahren nicht müde geworden sind, mit den unterschiedlichsten Maßnahmen immer wieder auf die vielfältigen Möglichkeiten und Chancen in den Ausbildungsberufen im Handwerk aufmerksam zu machen. Dazu zählt auch die Ausbildungsmesse hier im Eintracht-Stadion.“ Dr. Andreas Bierich von der Kreishandwerkerschaft fasst die vielen guten Gründe für eine Ausbildung im Handwerk zusammen: „Die Ausbildung macht Spaß, ist eine Garantie gegen Arbeitslosigkeit und bietet zahlreiche Aufstiegsmöglichkeiten. Und man kann gutes Geld verdienen!“

„Mein Start in die Ausbildung ist eine hervorragende Plattform, um miteinander ins Gespräch zu kommen und sich über das breite Angebot an verschiedenen Ausbildungsberufen der Region zu informieren“, so Jan Hauberg, Leiter der Abteilung für Berufsbildung und Berufliche Weiterbildung in der IHK Braunschweig. „Die beste Möglichkeit für Unternehmen, dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist die eigene Berufsausbildung. Ein frühzeitiger Blick in das eigene Unternehmen ist notwendig, um rechtzeitig in Ausbildung und den eigenen Nachwuchs zu investieren. Denn nur mit gutem Personal können die Aufträge von morgen auch angenommen und abgearbeitet werden“, meint die Geschäftsführerin vom Arbeitgeberverband Region Braunschweig, Cordula Miosga. Hans-Joachim Schlüter, Verlaufsleiter bei der Braunschweiger Fleischerei Neubauer, war einer der Aussteller und bereits im letzten Jahr dabei. Vor ihm liegt eine Liste mit Namen, denen ein Praktikum in den Osterferien angeboten wurde. „Ich habe einige sehr interessante und vielversprechende Gespräche geführt. Wir bieten zu diesem Sommer acht Ausbildungsstellen an und Bewerbungen sind jederzeit willkommen“, appelliert er an die Schüler. Das Image der Fleischereibranche sei ausbaufähig. Doch genau deswegen sei er hier. „Wir haben hier die Chance, in kurzer Zeit möglichst vielen Interessenten die Vorteile aufzuzeigen und für unsere Ausbildungsmöglichkeiten zu werben. Eine super Plattform – es hat sich gelohnt“, fasst er abschließend zusammen.

Dang ist 20 Jahre alt und auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle im Büro. „Ich habe hier heute rund 25 Gespräche mit Unternehmen geführt und mich vorgestellt. Dazu habe ich auch meinen eigenen Flyer mit den wichtigsten Informationen über meine Person erstellt, um positiv im Gedächtnis zu bleiben. Die Osterferien werde ich nutzen, um mich bei einigen Firmen im Praktikum zu beweisen. Ich habe das Gefühl, heute einige Türen für mich geöffnet zu haben.“ Die Firma Plagemann und Sohn GmbH ist aus Schöppenstedt zur Messe angereist und begeistert. Prokurist Marc Plagemann unterstreicht sein heutiges Engagement mit den Worten: „Ausbildung und Fachkräftenachwuchs ist unsere größte Sorge und immer ein Thema.“ Daher blickt er vielversprechend auf den Stapel mit Bewerbungen auf seinem Tisch. Für die kaufmännische Ausbildung habe ich heute fast 25 gute Bewerbungen bekommen. Für die technischen Ausbildungsberufe sind es leider nur fünf. „Wir müssen viele Strategien zur Bewerbergewinnung verfolgen. Ausbildungsmessen, Praktika und SocialMedia-Präsenz sind dort nur Bausteine.“

Angebot und Nachfrage am Ausbildungsmarkt passt nicht immer
Oft treffen sich Angebot und Nachfrage nicht auf den ersten Blick. Zunehmend wird es schwieriger, Bewerber und Ausbildungsstellen zusammen zu bringen. Deutlich häufiger sollte der Blick der Schülerinnen und Schüler auch links und rechts neben die TOP 10 der Wunschberufe schweifen. Dort gäbe es spannende Alternativ- oder auch Nischenberufe.Verstärkt werden die Herausforderungen bei der Rekrutierung durch die sinkenden Schülerzahlen und den steigenden Abiturientenquoten, da der Wunsch zum Studium ungebrochen scheint. Dieses Potential fehlt den Betrieben in den Berufsausbildungen.

Eine Besonderheit kommt in den nächsten Monaten auf Unternehmen zu
Unternehmen, die ihren Fokus auf Bewerber mit Abitur haben, sollten bereits jetzt an eine Besonderheit denken. Im Sommer 2020 wird die Konkurrenz um diese Bewerber besonders groß sein, da es keinen Abiturjahrgang an allgemeinbildenden Gymnasien in Niedersachsen geben wird. „Betriebe sind gut beraten, sich auf die besondere Situation frühzeitig einzustellen, um am Ende nicht leer auszugehen“, rät Oliver Bossow, Vize-Chef der Agentur für Arbeit Braunschweig-Goslar. Im Agenturbezirk Braunschweig-Goslar, zudem auch Salzgitter und Wolfenbüttel gehören, verlassen jedes Jahr rund 2.000 Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildende Schule mit dem Abitur. Nach Prognosen wird die Zahl im Sommer 2020 keine 400 Absolventen erreichen. Grund dafür ist die Umstellung der Gymnasien von acht Schuljahren auf neun Jahre.„Ich empfehle Betrieben, die Abiturienten einstellen, mehrere Strategien parallel zu verfolgen, um eine eventuelle Lücke im Jahr 2020 zu kompensieren. Naheliegend ist, schon ein Jahr früher, also 2019, zusätzliche Ausbildungsstellen zu schaffen“, rät Bossow.