Mehrere hundert Teilnehmer*innen machten den ersten Wolfenbütteler Demokratietag am 23. Mai 2019 zu einem großen Erfolg. Anlass der konzertierten Aktion der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Wolfenbüttel war der 70. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes. Mehr als zwanzig Institutionen, Vereine und Initiativen beteiligten sich daran.

Schon am Vormittag startete der Tag mit einem Workshop zum Thema Teilhabe und Toleranz mit Schüler*innen der Erich-Kästner-Hauptschule und mit einem Planspiel über Populismus mit Schüler*innen der IGS Wallstraße. Engagiert diskutierten die Jugendlichen über politische Themen und versetzten sich dabei auch in fremde Sichtweisen. Eröffnet wurden die Veranstaltungen durch die Landrätin des Landkreises Wolfenbüttel Christiana Steinbrügge, die auch gleich engagiert in die Diskussion mit den Schüler*innen einstieg, sowie durch den Vorsitzenden der Freiwilligenagentur Jugend-Soziales-Sport e.V. Falk Hensel, der deutlich machte, wie wichtig es ist, aktuelle politische Geschehnisse zu verfolgen. „Das Planspiel hat uns vor Augen geführt“, lautete das Fazit einer Schülerin, „wie erschreckend schnell sich eine Demokratie in Richtung einer Diktatur entwickeln kann.“

Im Anschluss daran ging es mit Filmvorführungen, einer Stadtführung und einem Themenpark vor dem Jugendfreizeitzentrum sowie einem Kulturfest mit Infoständen auf dem Vorplatz des Lessingtheaters weiter. Die Kunstausstellung „Gesichter der Demokratie“ mit Fotos und Texten Wolfenbütteler Frauen verschiedener Herkunft lockte besonders viele Besucher*innen an.

Danach ging es in den Saal des Lessingtheaters zu der Veranstaltung „Demokratie im Dialog“, die von Katja Schlager vom Landkreis Wolfenbüttel moderiert wurde. Der Wolfenbütteler Stadtrat Thorsten Drahn sprach in seinem Impulsvortrag vom Grundgesetz als einem „Meisterwerk“, das insbesondere die schrecklichen Erfahrungen des Nationalsozialismus reflektierte. Dem stimmte Christiane Wagner-Judith – Stellvertretende Landrätin des Landkreises – zu, ergänzte jedoch, dass immer noch viel zu tun sei. Dr. Otmar Dyck lobte hingegen das Engagement der Bürger*innen Deutschlands, ohne die der Zustrom von Flüchtlingen in den letzten Jahren nicht zu bewältigen gewesen wäre. Astrid Hunke von der Freiwilligenagentur Jugend-Soziales-Sport e.V. wies schließlich darauf hin, dass das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ auf Wunsch von Bürger*innen nach Wolfenbüttel gekommen und der Demokratietag zu einem Großteil von Jugendlichen aus der Stadt und dem Landkreis organisiert worden sei.

Bei einer Podiumsdiskussion, die durch den Braunschweiger Schauspieler Feridun Öztoprak geleitet wurde, setzten sich Christian Eitner von der Jazzkantine, Robin Koppelmann vom FanRat Eintracht Braunschweig und die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Susanne Löb sowie Philipp Bräuer und Ali Arabsadeh vom JugendForum der Partnerschaft für Demokratie mit der Frage auseinander, wie aktuell das Grundgesetz ist. Im Mittelpunkt der Diskussion Artikel 3: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich“.

Christian Eitner berichtete, dass diesbezüglich schon viel erreicht sei, insbesondere in der Musik und am Theater sei kulturelle Vielfalt eine Selbstverständlichkeit. Robin Koppelmann betonte, dass in der Eintracht-Fanszene Rechtsextremismus keinen Platz habe. Am Beispiel der Ultras zeigte er, dass diese bereit seien, auch Kritik anzunehmen und entsprechende Konsequenzen zu sehen. Susanne Löb erzählte von ihrer Arbeit und den alltäglichen Diskriminierungen, denen Frauen ausgesetzt seien. „Es gab eine Berechnung, der zufolge es noch 200 Jahre dauern würde, bis Männer und Frauen tatsächlich und nicht nur juristisch gleichberechtigt seien“, sagte sie, „aber ich hoffe doch, dass es schneller geht.“ Philipp Bräuer vom JugendForum lobte die Stadt Wolfenbüttel für die Unterstützung der Aktivitäten von Jugendlichen, stellte jedoch auch klar, dass diese nur Initiativen unterstützen kann, die auch tatsächlich von den Jugendlichen selbst getragen würden. Ali Arabsadeh, der vor einigen Jahren aus Afghanistan nach Deutschland kam, berichtete, dass es in seinem Heimatland leider keine Verfassung gäbe, die so gut sei wie das Grundgesetz, was dazu führe, dass Männer und Frauen dort überhaupt nicht gleichberechtigt seien. Sein größter Wunsch: ein Ende des Krieges in Afghanistan.

Der Demokratietag endete mit einem symbolischen Lauf, an dem sich 76 Teilnehmerinnen beteiligten, die laufend, gehend und im Rollstuhl 292mal den Stadtgraben umrundeten: insgesamt 350,4 Kilometer. Ziel war es, gemeinsam 286 Kilometer zurückzulegen, was der Luftlinie von Wolfenbüttel nach Bonn entspricht. Fazit des Tages: Die Demokratie ist dann stark, wenn Demokrat*innen zusammenhalten und sich gegenseitig auch in ihrer Unterschiedlichkeit respektieren.