Die Kinder und Jugendlichen der Wohngruppe Schöppenstedt haben sich an einer ganz besonderen Spendenaktion beteiligt und helfen so bei der Bekämpfung von Kinderlähmung. Eineinhalb Jahre lang haben die Jungs, die in der Wohngruppe leben und zwischen sechs und 17 Jahren alt sind, die Kunststoffdeckel ihrer Getränkeflaschen gesammelt. Rund 10.000 Liter haben die Kinder und Jugendlichen in dieser Zeit getrunken – 7.000 Deckel wurden dabei gesammelt und im Rahmen der Aktion „500 Deckel gegen Polio“ abgegeben. Durch den Weiterverkauf der Kunststoffdeckel können Gelder gewonnen werden, die die Schluckimpfung gegen Kinderlähmung finanzieren. 500 (verkaufte) Deckel ermöglichen eine Impfung. Seit der Gründung der Aktion durch den Verein „Deckel drauf“ konnten bis heute 1.105 Tonnen Deckel gesammelt und verkauft werden. Der Erlös in Höhe von 270.000 ermöglichte mehr als 3.3 Millionen Impfungen weltweit.
Ein Plakat gab den Anstoß
Vor rund eineinhalb Jahren entdeckten die Kinder und Jugendlichen der Wohngruppe in einem Supermarkt das Plakat, das auf die Sammelaktion aufmerksam machte, erzählt Philipp Blume, pädagogische Fachkraft der Wohngruppe. „Sie wollten wissen, was Polio ist und was es mit der Aktion auf sich hat. Dann haben sie beschlossen, bei der Aktion mitzumachen. Seitdem sind sie mit Feuereifer dabei. Alle Deckel werden fleißig gesammelt. Die ganze Sache hatte auch einen Lerneffekt. Sie hat den Kindern und Jugendlichen gezeigt, dass Kleinvieh auch Mist macht. Dass man also mit kleinen Dingen einen großen Beitrag leisten kann“, so Philipp Blume, der stolz auf das Engagement seiner Schützlinge ist. Kinder, die nicht bei ihren Familien leben, setzen sich für andere Kinder ein, denen es schlechter geht. Das sei absolut lobenswert, betont er. Und es ist aus eigenem Antrieb erfolgt. Sie haben sich mit dem Thema auseinandergesetzt und die Initiative ergriffen. Bis zum 30. Juni läuft die bundesweite Aktion noch und so lange werden in der Wohngruppe auch weiterhin fleißig Deckel gesammelt. Ob sich die Kinder und Jugendlichen danach eine andere Aktion suchen, mit der sie Gutes tun können, weiß Philipp Blume noch nicht. Das wollen er uns seine Kolleginnen den Kindern selbst überlassen.
Letzte Option Wohngruppe
In der Schöppenstedter Wohngruppe sind derzeit sieben Jungen zwischen acht und 17 Jahren. Sie alle stammen aus nicht einfachen Familienverhältnissen und sind amtlich in der Wohngruppe untergebracht. Meist lag eine Kindeswohlgefährdung vor, so dass das Jugendamt die Unterbringung angeordnet hat. Die Länge der Unterbringung variiert, erzählt Philipp Blume. Sie ist aber auch die letzte Option. Bevor eine Unterbringung erfolgt, werden andere Maßnahmen ergriffen. Erst wenn die keine Wirkung mehr zeigen, werden die Kinder aus den Familien genommen. „Dass es in Familien zu Problemen kommt und die Kinder in Wohngruppen wie unserer untergebracht werden müssen, betrifft alle Gesellschaftsschichten. Das oberste Ziel ist aber immer die Rückführung in die Familie. Die Kinder stehen in regelmäßigem Kontakt mit ihren Eltern, sie telefonieren sehr oft und besuchen sich“, betont Philipp Blume. Neben der Wohngruppe in einer alten Villa in Schöppenstedt gibt es auch kleine Apartments. In der sogenannten „Verselbstständigungsgruppe kommen Jugendliche ab 18 Jahren unter, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in ihrem jetzigen Lebensumfeld wohnen können oder möchten. Ziel der Unterbringung in der Wohngruppe ist die Verselbständigung und der daran anschließende Übergang in eine eigene Wohnung, außerhalb der Wohngruppe.