Rund 190 Gäste lauschten am Donnerstagabend in der Herzog August Bibliothek (HAB) dem Festvortrag von Prof. Dr. Julius H. Schoeps sowie einzigartigen musikalischen Klängen. Mit dieser festlichen Eröffnung wurde das Themenjahr 2019 des Kulturstadtvereins Wolfenbüttel e. V. „Jüdische Tradition und jüdisches Erbe in Wolfenbüttel“ eingeführt.

Dr. Johannes Mangei, als Vertretung des Direktors der HAB (Prof. Dr. Peter Burschel), sowie Frank Oesterhelweg, Vizepräsident des Niedersächsischen Landtags, eröffneten die Feierlichkeit mit bedeutenden Worten. Die Relevanz, die deutsch-jüdische Tradition in Wolfenbüttel zu pflegen und in das Bewusstsein der Bürger zu rufen, wurde von beiden Rednern betont. Aufgabe der HAB sei es, so Mangei, „bisher noch fremden Hirnen und fremden Herzen Zugang zu dem großen Schatz des jüdischen Kulturerbes und damit zur jüdischen Tradition, Kunst und Musik und nicht zuletzt Zugang auch zum jüdischen Witz zu verschaffen.“ Prof. Dr. Christoph Helm, Vorsitzender des Kulturstadtvereins, gab daraufhin eine Einführung in das Themenjahr 2019. „Der Kulturstadtverein unternimmt mit diesem Themenjahr den Versuch, mit aufeinander abgestimmten Veranstaltungen an die Spuren des jüdischen Lebens zu erinnern und die großartige Tradition wachzuhalten“, so Helm. Neben einem Projekt mit der Großen Schule gelten unter anderem die evangelische Erwachsenenbildung Niedersachsen, die HAB, die Kulturinitiative TonArt e. V. und das Niedersächsische Landesarchiv als Kooperationspartner.

Höhepunkt des Abends stellte neben der musikalischen Untermalung der Festvortrag des Vorstandsvorsitzenden der Moses Mendelssohn Stiftung, Prof. Dr. Julius H. Schoeps, dar. Schoeps kann als einer der profiliertesten Forscher der deutsch-jüdischen Geschichte gelten. „Das Stigma der Heimatlosigkeit. Vom Umgang mit dem jüdischen Erbe“ war der Titel seines Vortrags, in dem er auf die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft des Umgangs mit dem deutsch-jüdischen Kulturerbe einging. Wichtig sei es vor allem, die Bedeutung dieses Erbes wieder aufleben zu lassen und in den Alltag der heutigen Gesellschaft zu integrieren. Dieses könne beispielsweise durch Stolpersteine geschehen, die auch in den Straßen von Wolfenbüttel aufzufinden sind. „Das Erbe soll in das kollektive Gedächtnis gerufen werden“, so Schoeps. Dafür seien schon beachtliche Schritte getan worden, dennoch wären weitere Vorgehen wünschenswert. Besonders wichtig sei es zudem, „die Reste des deutsch-jüdischen Kulturerbes im In- und Ausland zu sichern und damit den Prozess des Vergessens und Verschwindens aufzuhalten. Wenn wir nicht handeln, wer soll es sonst tun und wenn nicht jetzt, wann dann?“, beendete Schoeps seinen nachdenklich stimmenden Vortrag. Neben den Vorträgen wurde das Programm durch einzigartige musikalische Beiträge begleitet. Die Sopranistin Miriam Sharoni, der Pianist Dr. Hendrik Lücke sowie Gabriela Kaufmann an der Klarinette präsentierten Lieder zum Thema jüdische Traditionen im Lied, die von den Komponisten Olivier Messiaen, Maurice Ravel, Menachem Wiesenberg, Gideon Klein, Leonard Bernstein und Lazare Saminsky stammen.