Schon immer schlug das Herz der Wolfenbütteler Kulturinitiative TonArt im Prinzenpalais an der Reichsstraße in Wolfenbüttel. Seit 1999 ist hier ihr Spielort für Konzerte und andere kulturelle Veranstaltungen. Über nunmehr zwei Jahrzehnte hat sich das Prinzenpalais zu einem Zen­trum vielfältiger kultureller Angebote und Aktivitäten entwickelt.

Seit Juli 2019 ist der Verein TonArt e.V. nicht nur Nutzer, sondern auch Eigentümer des Prinzenpalais’. Damit wurden die Voraussetzungen für die weitere Sanierung und Restaurierung des Baudenkmals geschaffen. Währenddessen geht der Kulturbetrieb im Prinzenpalais weiter: Neben TonArt sind der Kunstverein Wolfenbüttel e.V., der Verein Kulturstadt Wolfenbüttel e.V., der Michael Praetorius Collegium e.V. und der Kammerchor CantoVivo hier zu Hause.

Der Verein TonArt präsentiert jetzt mit einer Vielzahl hochkarätiger Veranstaltungen das Jahresprogramm für 2020. Zu den Höhepunkten dürften das Hoffest am 11. Juli und der Adventsbasar am 28. November sowie das Treppenhauskonzert am 19. Dezember gehören.

Zum glanzvollen Mittelpunkt des Wolfenbütteler Kulturlebens wird der Festsaal des Prinzenpalais’ dann wieder mit den großen Konzerten, für die auch in diesem Jahr bedeutende Künstler wie der Moskauer Pianist Yury Martinov gewonnen werden konnten, der bereits am kommenden Samstag, 25. Januar, zum Beethoven-Jubiläumsjahr u. a. dessen Symphonie Nr. 3, die „Eroica“, in der Transkription von Franz Liszt geben wird, und zwar auf einem alten Hammerflügel.

Historische Tasteninstrumente sind bereits einige im Bestand des Prinzenpalais – doch die TonArt-Macher wollen auf keinen Fall ein Museum daraus machen, vielmehr sollen Clavichord, Spinett, Tafelkclavier und Hammerflügel in ambitionierten Aufführungen zum Einsatz kommen. Besonders freut sich TonArt-Gründungsmitglied Dr. Ulrich Thiele auf das Forte Piano-Fest II: Von März bis Mai wird in einer Vielzahl von Konzerten die Entwicklung der besaiteten Tasteninstrumente vom Barock bis zur frühen Klassik anschaulich und hörbar dargestellt. Die Aufführungen mit diesen Instrumenten, die im Gegensatz zu Cembalo und Orgel sowohl „piano“ als auch „forte“, also leise wie laut angeschlagen werden können, werden vom Claviersalon Köthen unterstützt, zu dem auch am 9. Mai eine gemeinsame Exkursion mit dem Verein Kulturstadt Wolfenbüttel und der Neuen Fruchtbringenden Gesellschaft führt.

Klavier- und Kammermusik wird der Verein TonArt dieses Jahr nicht nur im Prinzenpalais präsentieren, sondern auch in der Augusteerhalle der Herzog August Bibliothek, im Klostergut Heiningen und in der Seeliger Villa. Gute Traditionen werden fortgeführt: Neben dem Treppenhauskonzert mit seiner faszinierenden Raumsituation wird es am 5. Dezember zum Abschluss des Konzertjahres auch wieder ein ganz besonderes Adventskonzert mit einem geselligen Nachspiel geben, das in der Wolfenbütteler Klassikszene längst Kultcharakter hat: Nach dem Doppelprogramm „Musik im Exil“ und „Zauber des Barock“ des Duos Aysa Fateyeva (Saxophon) und Valeriya Myrosh (Klavier und Cembalo) serviert Susanne Bansen wieder ihre Siebenbürgische Adventssuppe zu einem geselligen Austausch über das eben Gehörte und Erlebte. Bei solchen Gelegenheiten, das ist das Besondere im Prinzenpalais, wird auch die über 400-jährige Geschichte des Prinzenpalais förmlich anfassbar.

Ihr neues Domizil sei „reizend“, „sehr klein, aber sehr bequem und sauber“, schrieb die frischvermählte Philippine Charlotte 1733 an ihren Vater, den preußischen König Friedrich Wilhelm. Nach der Hochzeit mit dem welfischen Kronprinzen, dem späteren Herzog Carl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel, war sie nach Wolfenbüttel gezogen. Eigens für das junge Paar hatte der herzogliche Hofbaumeister Hermann Korb ab 1722 ein Hofbeamtenhaus aus dem Jahr 1603 umgebaut und um einen barocken Anbau erweitert.Auch wenn das herzogliche Paar nur einige Monate hier verbrachte, prägte es das Haus doch mit seinem Namen: Prinzenpalais. Bereits 1744 wurde das Haus verkauft und wechselte in den folgenden 100 Jahren mehrfach den Besitzer, bis es 1846 von August Fink erworben wurde, der dort ein Bankhaus gründete. Aus dieser Zeit stammt nicht nur die bis heute erhaltene Ausmalung des Festsaales, sondern auch ein Tresorraum mit Schließfächern, die zukünftige Sponsoren und Förderer des Prinzenpalais gegen eine willkommene Spende symbolisch „mieten“ können.

In seiner Geschlossenheit und seinem nahezu erhaltenen Originalzustand nimmt das Prinzenpalais einen herausragenden Platz in der Wolfenbütteler Denkmallandschaft ein. Nicht nur die gute Akustik im Festsaal begeistert Künstler und Publikum. Auch das historische Ambiente, der etwas morbide Charme des alten Gebäudes und die familiäre Atmosphäre machen die Veranstaltungen zu einem besonderen Erlebnis.

Um dieses Ensemble für weiteren einzigartigen Konzertbetrieb zu erhalten, haben Dr. Thiele, das Ehepaar Bansen und ihre Mitstreiter einen umfangreichen Sanierungsplan in Angriff genommen, der, wie sie hoffen, bis 2025 abgeschlossen sein wird. Am Ende werden nicht nur Decken und Dächer instandgesetzt sein, sondern auch die Belange des Denkmalschutzes und die Anforderungen der Barrierefreiheit werden u. a. durch den Einbau eines Fahrstuhls erfüllt sein.

Wer die Bemühungen des Vereines TonArt um das Prinzenpalais unterstützen möchte, ist herzlich eingeladen zum Benefizkonzert am 19. April, das als Wunschkonzert unter reger Beteiligung des Publikums gestaltet wird. Das vollständige Jahresprogramm ist unter www.tonart–wf.de einzusehen. Ticket-Reservierungen sind auch unter der Telefonnummer 05331/929808 möglich.