Da staunte Juliane Liersch nicht schlecht. Als die Leiterin der DRK-Tafel kürzlich den Briefkasten öffnete, stieß sie auf einen überraschend dicken Umschlag – ohne Absender. Inhalt: 405 Euro in kleinen gebrauchten Scheinen. Beschriftung: „Spende an die Tafel, um armen Menschen mit wenig Geld zu helfen.“

„Da war ich wirklich perplex“, schildert die Rotkreuzlerin. Es sei nicht nur eine Riesenüberraschung gewesen, sondern beim näheren Hinsehen noch viel mehr: Denn die Scheine waren zerknittert, als habe sich jemand die Summe sozusagen vom Munde abgespart. Und die Schrift auf dem Umschlag deutete auf einen eher älteren Menschen hin. „Ich war so gerührt, mir standen die Tränen in den Augen.“

Gemeinsam mit Timo Franzka war sie sich einig: Hier hat jemand mit großer Herzlichkeit und großer Bescheidenheit helfen wollen. „Warum will man sonst anonym bleiben?“ Das Geld fließt jetzt in die Lebensmittel-Kasse, durch die der DRK-Kreisverband Wolfenbüttel aktuell rund 1700 bedürftige Menschen in der Stadt und in Schladen unterstützt.

Übrigens war Juliane Liersch an diesem Tag rein zufällig am Briefkasten, denn eigentlich bleibt die Tafel samstags geschlossen. „Allerdings hatte uns vorher ein Hilferuf erreicht.“ Demnach war kurz zuvor ein 13-jähriges Mädchen aus ihrem bisherigen Umfeld in eine Pflegefamilie gebracht worden. „Offenbar hatte sie nur das, was sie am Leibe und in einem kleinen Rucksack auf dem Rücken trug“, schildert die Tafel-Leiterin.

Die Verantwortlichen riefen also beim Roten Kreuz an und fragten, ob es möglich sei, außerhalb jeglicher Öffnungszeiten Wechselwäsche für das Mädchen zu bekommen. „Selbstverständlich habe ich das Geschäft sofort aufgeschlossen“, sagt die Leiterin mit Bezug auf den Second-Hand-Shop des DRK, der ebenso wie die Tafel im „Eberts Hof“ (Großer Zimmerhof 29) beheimatet ist.

Die 13-Jährige durfte sich eine komplette Ausstattung aussuchen. „So etwas ist ihr wohl noch nie passiert“, schildert Juliane Liersch. „Sie war völlig überfordert und hat am Ende sogar geweint – am Ende waren aber alle glücklich.“ Bei dieser Aktion hat sie perfekt gegriffen, die unbürokratische Hilfe im Netzwerk des Roten Kreuzes, denn der Hilferuf war vom DRK-Ortsverein Halchter ausgegangen.